Zwillinge – ein seltenes Phänomen?

Einleitung - Leseprobe

Vor acht Jahren bin ich, Alfred, in meiner Arbeit zum ersten Mal auf eine Klientin gestoßen, die einen Zwilling im Mutterleib verloren hat. Bis dahin konnte ich mir nicht vorstellen, dass ein im Mutterleib verlorengegangener Zwilling für viele Menschen eine größere Bedeutung haben könnte. Theoretisch war es mir plausibel, dass in einer verschwindend geringen Zahl an Schwangerschaften schon mal zwei werdende Kinder gleichzeitig dagewesen sind, von denen sich einer wieder verabschiedet hat.

Dass dieses aber sehr häufig vorkommt und obendrein eine tiefe Bedeutung für das Leben des betroffenen alleingeborenen "ehemaligen" Zwillings haben kann, konnte ich mir nicht vorstellen ... doch das Leben lehrt. Viele Klienten, bei denen ich mit anderen Bildern und Methoden nicht weiterkam, konnten mit dem Wiederentdecken ihres verlorenen Zwillings eine grundlegende Lösung für viele ihrer Fragen und Probleme finden.

Bevor ich auf den „verlorenen Zwilling“ gestoßen bin, hatte ich mich bereits länger mit der Zeit im Mutterleib beschäftigt. Ich habe mich selbst, gehalten von erfahrenen Partnern, im körperwarmen Wasser in tiefen, vorgeburtlichen Regressionszuständen erlebt. Später habe ich Klienten dabei begleitet. Manche der unwillkürlichen Bewegungen, die tief entspannt im warmen Wasser entstehen, sind die Bewegungen eines Zwillings in der Gebärmutter, der mit seinem Geschwister spielt. Diese Bewegungen habe ich beobachtet, aber damals noch nicht verstanden.

Dazu musste ich erst auf das Phänomen des verlorenen Zwillings stoßen. Mit meiner Frau Bettina, ..., habe ich das Phänomen weiter beobachtet und erforscht. ... Dabei stießen wir immer wieder auf ähnliche Beobachtungen. Wir waren sehr erstaunt, wie häufig verlorene Zwillinge in unserer Arbeit auftauchen. Wir haben Materialien, Protokolle und Briefe von Klienten gesammelt, um daraus ein allgemeinverständliches Buch zu verfassen.

Bei den Voruntersuchungen für unser Buch beschäftigten uns immer die medizinischen Fakten. Wir wollten schauen, ob das, was wir mit psychologischen Methoden herausfinden, sich mit medizinischen Erkenntnissen deckt. So bewegte uns immer wieder die Frage, ab wann man tatsächlich im Ultraschall einen Zwilling erkennen kann, was man genau erkennen kann und was die Embryonen im Mutterleib erleben. Eine sehr deutliche Antwort bekamen wir aus Belgien.

Die Seminare über Familien- und Systemaufstellungen führen mich immer wieder in den französischsprachigen Teil Belgiens. Die Belgier sind weltweit führend auf dem Gebiet der vorgeburtlichen Medizin. Die differenzierten Ultraschalluntersuchungen während der Schwangerschaft wurden von dem belgischen Pionier Salvator Levi eingeführt. Er war auch der Erste, der in den späten sechziger Jahren entdeckt hat, dass es weit mehr Zwillingsschwangerschaften gibt, als später geboren werden. Die Belgier haben auch das ICSI-Verfahren zur künstlichen Befruchtung entwickelt, bei der Samenzellen direkt in die Eizelle gespritzt werden. So können auch Paare Kinder bekommen, wenn die Samenzellen des Mannes zu unbeweglich sind ...

über meine Freunde in Belgien hatte ich das besondere Vergnügen, einen Fachmann der pränatalen Medizin zu treffen: Jean-Guy Sartenaer. Er widmet sein Leben als Gynäkologe nicht nur den Untersuchungen aller Stadien der Schwangerschaft mit hochmodernen, dreidimensional abbildenden Ultraschallgeräten, sondern allen wachsenden Eizellen. Er ist ein großer Straußenei- Fan. In seinem Appartement sind ganze Wände mit Regalen ausgestattet in denen Hunderte kunstvoll verzierter Straußeneier aus allen Teilen der Welt ausgestellt sind.

Es war sehr spannend, persönlich einen Fachmann über das embryonale Leben zu befragen und Ultraschallbilder gezeigt zu bekommen. Ich möchte Sie, liebe Leserin, lieber Leser im folgenden Kapitel auf das Sofa im Straußeneiambiente einladen, um den Antworten von Docteur Sartenaer zu lauschen: (...)

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